Zenit 212k
Zuerst ein
allgemeiner Rückblick 1925 wurde die Leica lieferbar; seit 1934 ist die Leica II in der Sowjetunion nachgebaut worden. Die Kopien entsprachen zunächst bis zur letzten Schraube dem Vorbild. Unterschiedlich war allerdings die Qualität, wie nicht anders zu erwarten. Durften die Sowjets das? Ja.
Die Sowjetunion war den internationalen Übereinkommen
über Urheberrecht, Patentrecht und Musterschutz nicht beigetreten.
Daher war es nach geltendem sowjetischen <Recht> unbeachtlich, dass der
Nachbau ausländischer Produkte wie der Leica nach allgemeinem
Verständnis (im Westen) zu Unrecht erfolgte. Probleme hätte es nur
gegeben, wären diese Nachbauten im Westen verkauft worden – in der
Sowjetunion waren Erzeugung und Vertrieb jedenfalls legal.
Solche Nachbauten erfolgten streng genommen bis 1950, danach
wurden – auf der Basis der Schraubleicas – weiter entwickelte eigene
Modelle auf den Markt gebracht. Diese können ihre Verwandtschaft mit
den Vorbildern nicht verleugnen, weichen von ihnen jedoch soweit ab,
dass man sie – mit ein wenig gutem Willen – als Eigenentwicklungen
bezeichnen kann.
Diese war übrigens den Schraubleicas so überlegen,
dass auch die vielen kleinen Firmen und Werkstätten, die sich in
Japan als Kopisten von Schraubleicas betätigten, innerhalb weniger Jahre eingingen und die Produktion einstellten.
Im übrigen haben auch heutige japanische Weltfirmen wie Canon und
Yashica Sucherkameras „in der Tradition" der Schraubleicas
hergestellt, allerdings auch wesentlich weiterentwickelt, sodass man bei
diesen Firmen nicht mehr von Kopien sprechen kann.
Das gilt nicht nur für Leitz, sondern auch für alle
anderen klassischen Modelle wie etwa die Contax. Die
Nikon-Sucherkameras, mit denen Nikons Entwicklung zur Weltfirma begann,
sind etwa eine Kombination von Contax- und Leitz-Gehäusen. Die Zenit 212k erinnert mich an eine alte Frau, auf junges Mädchen hergerichtet. Denn wie gesagt, die Zenit ist die vor allem äußerlich verjüngte Ausgabe der alten Zenit-SLRs, millionenfach erzeugt zwar, aber halt vom Konzept her aus den 60er-Jahren stammend und auf den noch früheren Modellen von Sucherkameras beruhend. Unter dem modischen Plastik-Kleid schlägt daher ein recht altes Herz. Der Verschluss wird in russischen Kameras eigentlich unverändert seit vielen Jahren verwendet. Die Belichtungszeiten dieses Tuch-Schlitzverschlusses reichen daher nur von 1/8 bis zu 1/500 Sekunde. Nicht weiter tragisch, wer braucht schon die 1/4000 Sekunde einer Nikon FM2n? Der relativ langsame Ablauf der Verschlussvorhänge hat zur Folge, dass die Synchronisation mit Elektronenblitz nur mit 1/30 Sekunde erfolgt, wiederum, in Innenräumen kein Problem, aber Aufhellblitzen im Freien sollten Sie vielleicht doch eher mit einer Nikon F80 etc. Auch die TTL-Belichtungsmessung ist nicht auf dem neuesten Stand. Feinheiten wie mittenbetonte Mehrfeldmessung, Matrixmessung oder wie immer man die Betonung des Sucherzentrums bei der Messung in der Fachsprache auch nennen mag, suchen Sie vergebens. Es handelt sich um eine sozusagen ganz gewöhnliche Ganzfeldmessung. Finden sich im Sucherbild daher besonders helle oder dunkle Stellen, führt dies zu einer bei Diafilmen kritischen Fehlbelichtung - kein Unglück, wenn Sie daran denken, die gemessene Belichtungsdaten manuell entsprechend zu korrigieren. Verwenden Sie hingegen, wie ohnehin über 90 Prozent aller Fotografen, Farbnegativfilm, wird Ihnen diese Schwäche recht gleichgültig sein: Extremfälle ausgenommen, gleicht der Belichtungsspielraum des Film derartige Mängel weitgehend aus. Belichtungszeit und Blende werden zwar durchaus modern mit Leuchtdioden angezeigt, der Belichtungsmesser reagiert aber relativ träge bei plötzlichen Änderungen der Beleuchtung und er ist nicht gerade empfindlich. Dieses Verhalten ist typisch für CdS-Dioden, bloß verwendet man im Westen seit Jahrzehnten modernere Messzellen. Die Messzelle ist im Prisma angebracht und daher nicht vollkommen gegen Streulicht geschützt. Infolgedessen ist das Meßsystem der Zenit 212k anfällig für Streulicht durch den Suchereinblick. Allerdings merken das in der Praxis nur Brillenträger so wie ich einer bin. Das Gegenmittel ist ganz einfach: Brille abnehmen vor der Belichtungsmessung. Dann sehen Sie das Sucherbild nicht scharf, sagen Sie? Das macht nichts, denn auch mit Brille sehen Sie das Motiv zwar scharf, aber dunkel. Der wie mir scheint, eigentliche Mangel der Zenit 212k liegt in der veralteten Gebrauchsblendenmessung. Beim Druck auf den Auslöser wird der Belichtungsmesser (TTL immerhin!) aktiviert und schließt sich die Blende auf den voreingestellten Wert; gemessen wird bei diesem Wert. Mit anderen Worten: wollen Sie z. B. mit Blende 11 eine Aufnahme machen, schließt sich bei der Messung die Springblende auf diesen Wert - Sie stellen die Belichtungszeit ein. Zwar können Sie dabei wenigstens gleich die Schärfentiefe beurteilen - was bei den meisten modernen AF-Kameras nicht mehr möglich. Durch dieses Meßsystem haben sich die Konstrukteure eine Menge von Steuerkurven oder elektrischen Kontakten erspart, wie sie sich in modernen Kameras bzw. Objektiven finden. Vorteil ist, dass Sie an der Zenit 212k auch alte Objektive verwenden können, die preiswert zu kaufen sind - Sie sehen, nichts hat nur Nachteile. In der
Praxis läuft das darauf hinaus, dass Sie mit der Zenit 212k mit ein
wenig Aufmerksamkeit und Überlegung einwandfrei belichtete Aufnahmen
machen, ein wenig umständlich und weniger bequem zwar als mit anderen
Kameras, dafür aber zu äußerst günstigem Preis.
Man
kann damit leben: wie
schief auch immer Sie in den Sucher schauen, der Tante Berta schneiden Sie
weder den Kopf noch die Füße ab und bringen sich auf diese Weise nicht
um die Erbschaft. Dass der Sucher nicht alles zeigt, was auf den Film
kommt, ist ja übrigens auch eine altbekannte Eigenschaft aller
Sucherkameras und fast aller SLRs, stört aber weiter niemanden (meist
sind es aber doch mindestens 97% des Bildformats, die Sie im Sucher Ihrer
SLR sehen.
Übrigens gibt es auch einen Adapter, um Objektive mit M42-Gewinde zu
verwenden, die es sonder Zahl im Gebrauchthandel zu günstigen Preisen
gibt. Fazit: Ja, wenn man mit den geschilderten Eigenheiten leben kann und will und eine preisgünstige SLR sucht, die auch noch gut ausschaut - Geschmäcker sind natürlich verschieden, mir wenigstens gefällt die Zenit 212k vom Aussehen her wirklich. |
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Erstellt
am 2.9.2000 |
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