In der Entwicklung kompakter Sucherkameras wurde zu Anfang
der 70er-Jahre ein Höhepunkt erreicht: Handliche japanische Sucherkameras
mit Objektivendaten 1,9/40 oder 2,8/40, Entfernungsmesser und
Blitzautomatik überschwemmten den Markt. Sie kosteten gutes Geld, aber sie
waren ihr Geld wert. Einen schönen Überblick gibt Stephen Gandy (Link
links). Mit dem Aufkommen der
AF-Sucherkameras änderte sich das Angebot gewaltig: Weitwinkelobjektive
mit den Daten 2,8/35 oder 3,5/35 mit Programmautomatik waren gefragt. Kein
Wunder, die AF-Module waren nicht sehr genau, ein hochlichtstarkes
Objektiv hätte bei größter Öffnung auch für unbedarfte Käufer sichtbare
Unschärfe geliefert. Und sparen konnte man auch: diese Objektive waren
einfach und billig herzustellen und die Kunden, die ohnehin bloß 9x12 cm
große "Vergrößerungen" wollten, merkten den Unterschied zu
Qualitätsoptiken nicht. Außerdem waren Plastikgehäuse weit billiger in
Großserie herzustellen als Metallgehäuse aus 100 Einzelteilen, die
irgendwer zusammenschrauben musste. Als die AF-Module der 2. oder
3. Generation kleiner waren, konnten auch die Kameras kleiner werden -
außer sie hatten ein Zoom-Objektiv eingebaut, das Platz
brauchte. Die Anfang der 90er-Jahre
vorgestellte Rollei Prego ist sozusagen ein klassisches Beispiel für
diesen Trend: voll aus Plastik, mit Rolleinar 3,5/35 mm,
Programmverschluss zwischen den Linsen, mit AF-Modul und motorischem
Filmtransport sowie motorischer Rückspulung. Die Batterie war ohnehin
notwendig für den AF und die Belichtungsmessung, der Motor ein zugekaufter
gekapselter Bauteil. Erzeugt konnte solch eine Kamera in Deutschland
von einer Firma wie Rollei mangels wirtschaftlicher Möglichkeiten und vor
allem natürlich mangels Entwicklungspotential nicht mehr werden. Sie wurde in Auftragsarbeit von
Samsung in Korea rationell zusammengestellt. Da die von Samsung
verwendeten Module genormt waren,
hat die Prego eine Reihe von Eigenschaften, welche selten benutzt wurden:
Serienbilder sind etwa möglich. Es gibt ähnliche Kameras von anderen
Erzeugern - wen wunderts? Damit das
Ganze wertiger aussieht, wurde in eine "bessere" Ausführung sogar ein
Xenar aus 4 Linsen in 4 Gruppen von Schneider/Germany eingebaut. Das
klassische Xenar bestand aus 4 Linsen in drei Gruppen, wie das Tessar von
Zeiss und das Elmar von Leitz. Aber man kann auf alles einen Markennamen
draufschreiben, wenn man ihn
besitzt. Der Name Prego lebte in
einer Reihe von technisch nicht überragenden Kameras fort; die
eigentliche Prego wird längst nicht mehr erzeugt. Soweit noch
funktionstüchtig, fristet sie wohl gelegentlich noch ein Dasein in einer
Lade. |
Technische Daten:
Kleinbildkamera mit AF und
Programmautomatik samt eingebautem Blitzlicht, geeignet fürs
Aufhellblitzen. Graues, leicht verschmutzendes Plastikgehäuse;
Durchsichtssucher ohne Parallaxenausgleich, aber Markierung für
Parallaxenausgleich im Nahbereich und AF-Messfeld. Display auf der
Gehäuseoberseite, Objektiv Rolleinar 3,5/35 mm oder, wie oben, Xenar
3,5/35 mm, bei ausgeschalteter Kamera ins Gehäuse eingefahren,
Verschlusszeiten von 1/2—1/500 Sekunde und B, Selbstauslöser mit 10
Sekunden Vorlaufzeit, Serienaufnahmen mit ca. 1 Bild/sec., Einstellbereich
der Belichtungssteuerung von ISO 50 - 3200, DX-Abtastung, Filmeinzug,
Filmtransport und Filmrückspulung automatisch, automatisch rückstellendes
Bildzählwerk beim Öffnen der Rückwand. Gegen Aufpreis mit
Datenrückwand (Kalender und Zeit).
Gewicht: 195 g, Maße: 115x65,2x37,5 mm.
Erzeugt wurde die Prego ab Anfang 1990. Infolge des Siegeszugs der
digitalen Fotografie sind die Preise bis ins Bodenlose gefallen. Bei
besseren Händlern findet man sie nicht mehr; gelegentlich bei
Ramschverkäufen. Dabei ist die abgebildeten Variante Prego Xenar AF mit Datenrückwand je nach Erhaltungszustand
ein wenig teurer,
der Prego AF mit Rolleinar, ohne Datenrückwand kostet vielleicht 10 - 15
Euro..
Sollen Sie sich so
etwas kaufen? Nur wenn Sie eine besondere Vorliebe für Rollei haben,
Rolleis sammeln etc. Um damit zu fotografieren, würde ich für die Prego
kein Geld ausgeben, aber die Entscheidung bleibt Ihnen überlassen.
Zuletzt geändert: 10.3.2014
Peter Lausch |