PETER LAUSCH
Dunguaire Castle bei Kinvara
In der Ortschaft Kilgolgan zweigt von der von
Galway
nach Limerick führenden N18 die nach Westen führende N67 Richtung
Kinvara, Ballyvaughan und Lisdoonvarna ab.

In Sichtweite von Kinvara liegt auf einer Landzunge Dunguaire Castle.
Von Limerick oder Ennis kommend, bietet sich als Alternative die
schlechter ausgebaute R347 an, die in Ardrahan von der N18 abzweigt.
Das heutige, vielfach umgebaute Dunguaire Castle leitet seinen Namen von
der Burg des sagenhaften Königs Guaire ab, der im 7. Jahrhundert hier
seinen Sitz hatte (aber nicht dort, wo sich das Castle befindet, sondern
wahrscheinlich auf der Landspitze ein wenig westlich des Castle, auf der
unter Gestrüpp ein Erdwall und Mauerreste sichtbar sind - die mit rotem
Pfeil bezeichneten Mauerreste stammen von einem mittelalterlichen
Kloster).

Von Guaire behauptet die Legende, sein rechter Arm sei länger gewesen
als sein linker, weil er mit dem rechten Arm so viele Geschenke verteilt
habe.
Dunguaire Castle ist ursprünglich, was auch heute noch deutlich zu
erkennen ist, ein befestigter Wohnturm gewesen, der im 16. Jahrhundert
errichtet worden ist. Im Westen Irlands haben sich zahlreiche derartige
solche Wohntürme erhalten, manche restauriert, wie etwa Bunratty Castle,
der Thoor Ballylee, der
einige Jahre lang vom Dichter W. B. Yeats bewohnt wurde, oder eben
Dunguaire Castle, andere in diversen Stadien des Verfalls wie etwa
Kildavnet Castle.
Wieder andere sind durch spätere An- und Umbauten so stark verändert
worden, dass man genau hinsehen muss, um den ursprünglichen Bau zu
erkennen, wie etwa Knappogue Castle.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war Dunguaire Castle verfallen. 1924
wurde es von Oliver St. John Gogarty erworben und restauriert. Gogarty
übrigens ist ein nicht in jeder Hinsicht liebenswerter, aber durchaus
interessanter Mensch gewesen, Arzt, Bohemien, Dichter, Schauspieler und
begnadeter Säufer. Gogarty wohnte nicht in Dunguaire Castle, sondern
veranstaltete hier Treffen mit seinen Freunden, wozu etwa Lady Gregory
und W. B. Yeats gehörten. Gogarty, dem die Politik von Eamon De
Valera und seiner Parteigänger von Herzen missfiel,
verließ einige Jahre
später die
Heimat
sein restliches Leben in den USA
mit Ausnahme kurzer Besuche in Irland,
und starb 1957 im Alter von 79 Jahren in New York an einem Herzanfall.
Als
Gogarty das Interesse an Dunguaire Castle verloren hatte, verfiel es
allmählich wieder, ehe es 1954 von Lady Ampthill gekauft wurde und
neuerlich renoviert werden musste. Dabei sind wie schon über
Veranlassung Gogartys auch Anbauten an den eigentlichen Wohnturm
vorgenommen worden - damals hat das Castle seine heutige Form erhalten.
1972 wurde Dunguaire Castle an <Shannon
Heritage> verkauft - Lady Ampthill war zu gebrechlich geworden,
mehrmals täglich in die Wohnräume in den Obergeschoßen hinaufzusteigen.
Seit damals werden auch in Dunguaire Castle <Medieval Banquets>
veranstaltet, Rittermahle sozusagen, wie es sie in manchen alten Burgen
in Österreich und Deutschland auch gibt und wie sie von Shannon Heritage
für
Bunratty Castle erfunden worden sind. Zwar finden sie in Dunguaire
Castle in etwas intimeren Rahmen als dort statt, im Kern sind sie aber
auch nicht anders: eine Schar vorwiegend alter und älterer, fast
ausschließlich ausländischer Touristen werden auf Bänke an langen
Tischen gesetzt, bekommen ein weißes Lätzchen umgebunden, damit sie sich
nicht anpatzen, und essen allerlei Fleischspeisen mit den Händen und
unter Zuhilfenahme eines Messers zum Schneiden allzu großer Brocken.
Dazu wird garantiert echter Met serviert und werden garantiert echte
Volkslieder von garantiert echten Volksmusikanten gespielt. Die
Kellnerinnen - in garantiert zeitgenössischer Tracht, das heißt mit
möglichst großem Ausschnitt - spielen ebenso garantiert gutgelaunt mit
und auf diese Weise wird der für die zahlenden Gäste, vorwiegend für die
aus den USA, zweifellos überzeugende Eindruck erzeugt, so hätten die
alten Rittersleute eben gelebt - die Wirklichkeit sah anders aus, aber
wer in den USA interessiert sich schon dafür?
Die Rittermahle finden jeweils am Abend statt, außer in der Hauptsaison
aber nicht unbedingt täglich. Bei Interesse
fragen Sie hier.
Tagsüber ist Dunguaire Castle zu besichtigen (der Parkplatz vor dem
Schloss liegt links der Straße ein Stückchen Richtung Kinvara. Von -
denke ich - besonderem Interesse ist das oberste Geschoß, in dem sich
der Wohnraum Lady Ampthills mit mehr oder minder originaler Einrichtung
erhalten hat.

Das einstige Speisezimmer der Lady

Der Wohnraum im obersten Geschoß, scheinbar unverändert!
Aufgenommen von der Treppe zum Wehrgang hinter den Zinnen, wo sich eine
schöne Aussicht bietet.
Die Dame ist auch insofern von Interesse, als sie das Wunder der
jungfräulichen Geburt wiederholt hat. Die Ehe mit dem nachmaligen Lord
Ampthill ist nämlich nach Aussagen der beiden Eheleute niemals vollzogen
worden: der Ehegatte soll sich im Bett zwar gelegentlich <wie ein Hunne>
benommen und sogar die Erschießung der friedlich auf dem Bett
schlafenden Katze bei weiterer Verweigerung der Gattin angedroht haben,
doch wie gesagt … Allerdings habe sie, da nur ein Badezimmer vorhanden
war, sich einmal im Badezimmer mit einem Schwamm gereinigt, den vorher
der Gatte benützt hatte … und schon war das Wunder geschehen. Wunder
deshalb, weil ihr ärztlicherseits bestätigt wurde, sie sei bei der
Geburt noch Jungfrau gewesen. All das wurde im Scheidungsprozess
öffentlich erörtert - welchen Skandal dies um 1925 im konservativen
England hervorrief, kann man sich ja leicht vorstellen. Solches bewegte
noch 1976 die konservative <Zeit>, die einen
ausführlichen Artikel publizierte, doch ergibt eine Suche nach <Lady
Ampthill> bei Interesse noch eine Menge weiterer Fundstellen. Ach ja,
eine Kommission des britischen Oberhauses stellte 1976 fest, der Sohn
der Dame sei der Sohn des Ehemannes (und das Wunder daher wirklich
geschehen, aber letzteres ist nur mein Beitrag).
Im Erdgeschoß gibt es den üblichen Andenkenladen mit den ebenso üblichen
Andenken, die sie überall sonst auch kaufen können, ausgenommen
vielleicht Postkarten von Dunguaire Castle und von Kinvara, die es nur
hier gibt.
Erstellt: 21. Juli 2011
© 2011/Peter Lausch
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