PETER LAUSCH
Thoor Ballylee
Yeats
hatte den von ihm so später so genannten Thoor Ballylee erstmals 1896
bei einem Aufenthalt bei
Lady Gregory in Coole House entdeckt und beschrieb ihn als alten Turm, bewohnt von
einem Farmer samt Familie, in einer
zauberhaften Landschaft an einem kleinen Fluss gelegen. 1916 ergab sich
die Gelegenheit zum Kauf des Turms, als ein Teil der Grundflächen von Coole Park an
Kleinbauern der Umgebung verkauft wurde – auch das Grundstück mit dem
Turm sollte verkauft werden, doch fand sich kein Interessent – außer Yeats. Der kaufte den Turm für ganze 35 Pfund. Mitte Juni war der Kauf
des Turms und von ein wenig Land ringsum formal abgeschlossen und Yeats
machte sich daran, den Turm zu renovieren.

Der Thoor Ballylee liegt ein wenig
abgeschieden östlich der N18, die Einmündung der Seitenstraße ca. 2 km
nördlich von Coole Park ist beschildert. Der Turm wurde im 16.
Jahrhundert als eines von über 30 <Festen Häusern> von den damaligen
Grundeigentümern, der Familie Burke, errichtet. Er weist 4 Geschoße mit
je einem Raum auf, die man über eine Wendeltreppe in einer dicken
Außenmauer erreichen kann. Jeder dieser Räume hat ein Fenster zum Fluss
hin. Das flache Dach wird durch eine Treppe vom obersten Geschoß aus
erreicht.
Zur Zeit des Kaufs
hofierte Yeats Georgina Hyde-Lees, eine junge Engländerin, seine spätere
Frau und die <George> in seinem
Grab in Drumcliff. Im
Sommer 1919 verbrachten die beiden erstmals die Sommermonate im Turmhaus, doch
war noch viel Arbeit nötig, den Turm wirklich bewohnbar zu machen. 1922
war es dann soweit und Yeats bejubelte das Leben mit seiner Frau in
höchsten Tönen - natürlich in Gedichtform. Er hatte damit sein Ziel
erreicht, ein eigenes Haus in der Nähe von Coole Park und von Lady
Gregory zu besitzen und konnte seine Träume vom Leben als Landedelmann
ausleben.
Doch seine vielen Verpflichtungen und
letztlich der Tod von Lady Gregory ließen ihn schon nach einigen Jahren
das Interesse an weiteren Sommeraufenthalten im Thoor Ballylee und in
der Nähe von Coole Park
verlieren. Der Turm wurde nach 1929 nicht mehr bewohnt. 1948 wurde
allerdings eine Inschrift aus einem seiner Gedichte an der Außenwand
angebracht:
-
I, THE poet William Yeats,
-
With old mill boards and
sea-green slates,
-
And smithy work from the Gort
forge,
-
Restored this tower for my
wife George;
-
And may these characters
remain
-
When all is ruin once again.
-
William Butler Yeats
Nach dem
Tod ihrer Eltern behielten Sohn und Tochter zwar das Eigentum am Turm,
ließen ihn jedoch mangels Geld (und wahrscheinlich Interesse) langsam
wieder verfallen. Besucher haben 1961 eine Beschreibung gegeben, wonach
das Dach des Anbaus an den Turm eingestürzt sei, der Garten überwuchert
von Gestrüpp, die Fenster zerbrochen, der Turm von Raben als Nest
auserkoren.
Rechtzeitig vor dem im Gedicht
vorausgesehenen neuerlichen Verfall wurde für den Turm indessen
eine neue Widmung gefunden: 1965 wurden er und die Nebengebäude nach
gründlicher Renovierung als Museum eingerichtet. Die Räume des Turms
wurden in den seinerzeit von Georgina Yeats ausgewählten Farbtönen neu
ausgemalt, die Einrichtung bestand zum Teil aus den noch von Yeats
ausgesuchten Möbelstücken, die sich erhalten hatten und anderen, die
möglichst originalgetreu nachgebaut worden sind. Sogar das Rabennest in
einem der oberen Stockwerke hat sich erhalten und ist nicht angetastet
worden. Auf diese Weise wurde der romantische Turm zum Ziel vieler
Individualreisender, denn für Reisebusse sind die Zufahrten zu schmal.
Infolge dieser abgelegenen Lage dürfte die Zahl der Besucher allerdings
nicht ausgereicht haben, um das Museum kostendeckend zu betreiben.
Die wechselvolle Geschichte des Thoor
Ballylee ist freilich nicht zu Ende: Im Frühjahr 2010 trat der hübsche,
harmlos scheinende Bach neben dem Turm nach starken Regenfällen aus dem
Ufer und überschwemmte das Erdgeschoß des Turms und die Räume des
Anbaus.
Zwar sollen die Wasserschäden
irgendwann wieder einmal beseitigt werden, doch in Zeiten wie diesen
lagen noch im Juni 2013 einige Sandsäcke, die das Eindringen des Wassers
ins Erdgeschoß verhindern sollten, vor der Eingangstür des Cottage und
zeigten ihrerseits bereits Verfallserscheinungen.
*
Reisender, willst Du den Turm
besichtigen, erkundige dich daher vorher gut, ob das Museum bereits
wieder eröffnet ist, denn die einschlägigen Seiten, die eine Suche bei
Google ergibt, verschweigen allesamt die Überschwemmung und die
Zerstörung der Inneneinrichtung des Erdgeschoßes.
Indessen liegt der Turm nach wie vor in
einer hübschen Landschaft und ist vom nunmehr wieder
friedvoll und lieblich anzusehenden Fluss aus nach wie vor von außen
hübsch anzusehen, doch ach, die Zufahrtswege sind nach wie vor
bestenfalls einspurig und zur Freude der Touristen kommen gerne an den
unübersichtlichsten Stellen überbreite Traktoren entgegen. Da heißt es
dann, nach Ausweichen suchen, ohne die Seitenwände des Mietwagens zu
zerkratzen. Das macht die Fahrt zum Turm ein wenig spannend.
Erstellt: 18. Juli 2011,
ergänzt 2013
© 2011/Peter Lausch
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